Was soll ich sagen – ich wollte eine Herausforderung. Nioh hatte ich immerhin gerade durchgespielt und das war ziemlich aushaltbar. Deswegen fiel mir dieses eine Spiel ein, das ich immer so gerne gehabt hätte, mich dann aber doch nie herangetraut habe. Die Zeit war gekommen – für mich und für das wunderschöne Bloodborne.
Ich hatte noch nie wirklich einen FromSoftware-Titel gespielt, wenn man mal von Demon’s Souls auf der PS3 absieht, das mir ungefähr nach der Hälfte so unglaublich auf den Keks ging mit seinen Mechaniken, dass ich es abgebrochen habe. Als Bloodborne erschien hatte ich mir mangels eigener PS4 und Skill ein Let’s Play dazu angesehen und mir vorgenommen, dieses Meisterwerk auch irgendwann einmal anzugehen. Glücklicherweise hatte ich bis es so weit war das meiste des Let’s Plays auch wieder vergessen.
Worum es in Bloodborne geht? Das kommt darauf an, wie sehr man sich damit beschäftigt. Bloodborne wirft niemandem Steine in den Weg, der sich nicht für die Geschichte interessiert – man kann das Spiel einfach starten und alles wegmetzeln, das einem über den Weg läuft, ohne sich in irgendeiner Form Gedanken über eine Story machen zu müssen. Am Anfang erstellt man sich eine Spielfigur und erwacht auf einer Liege in einer Art Krankenhaus. Wieso? Weiß man nicht. Aus irgendeinem Grund ist in der viktorianischen Stadt, die man draußen findet, allerdings die sogenannt „Jagd“ angebrochen, was heißt, dass die Einwohner sich entweder in ihren Häusern verschanzen oder auf die Jagd nach werwolfähnlichen Bestien gehen. Wobei diese Einwohner auch schon deutliche Spuren von Bestientum an sich haben… Die Spielfigur scheint das ähnlich zu sehen. Da sie von Bewohnern und Bestien gleichermaßen attackiert wird, macht sie einfach allem den Garaus. Nun ja, zumindest, wenn der Spieler das Zeug dazu mitbringt. Ansonsten fällt der Charakter auch schnell mal einem dahergelaufenen Billo-Feind zum Opfer, doch dazu später mehr.
Was genau in dieser fremden Stadt namens Yharnam passiert ist, erfährt man höchstens durch gefundene Gegenstände, wenn man aufmerksam ist. (Oder auf Youtube.) Bloodborne ist kryptisch und seine Welt kümmert sich nicht sonderlich um den Spielercharakter. Ich hatte beim Spielen stets das Gefühl, nicht erwünscht zu sein, nicht gebraucht zu werden. Ich spiele keinen Helden, der durch eine Vorsehung der einzige Retter der Menschheit ist – ich spiele irgendwen, der zufällig in die Ereignisse stolpert, welche sich in Yharnam zutragen. Ich habe keine besonderen Kräfte und kann es definitiv nicht mit fünf Feinden gleichzeitig aufnehmen. Bloodborne sagt mir an jeder Stelle, dass es gut ohne mich zurecht kommt. Nur mein Stolz bringt mich dazu, tiefer zu graben. Und so kämpfe ich mich durch dieses wunderschöne und bockschwere Spiel, nur um wieder und wieder aufs Maul zu bekommen.
Die meisten kennen sicher inzwischen das Prinzip der Soulslike-Spiele. Besiegte Gegner geben (im Fall von Bloodborne) Blutechos, welche ich für einen Levelaufstieg oder beim Händler ausgeben darf. Sterbe ich aber selbst, verliere ich alle Echos, die ich bei mir hatte. In diesem Fall bekomme ich noch eine Chance, an meinen Todesort zu laufen und die Echos zurückzugewinnen – misslingt jedoch auch das, verschwinden die Echos für immer. Fragt lieber nicht, wie viele Echos ich in meiner Spielzeit verloren habe. Und vor allem nicht, wie laut ich teilweise deswegen geflucht und getobt habe. Gelingt es mir aber, genügend Echos zusammenzusammeln um mir bei der mysteriösen Puppe im „Traum des Jägers“, dem Hub des Spiels, ein Level-Up zu kaufen – woah. Das fühlt sich so befreiend an. Der erworbene Skillpunkt kann dann frei auf verschiedene Werte verteilt werden. Mehr Leben, mehr Stärke oder ein bisschen Zauberkraft? Es empfiehlt sich wie üblich, sich zu spezialisieren, um nicht später viel zu wenig Schaden an den Gegnern und vor allem Bossen zu verursachen. Dabei scheint keine Skillung besonders übermächtig zu sein. Bloodborne lässt sich auf viele Weisen erleben, ich selbst habe bereits zwei komplette Durchläufe hinter mir, die sich recht unterschiedlich spielten. Dabei bin ich doch üblicherweise jemand, der Spiele nur einmal spielt.
Die Spielwelt hat mich einfach mit Haut und Haaren aufgesaugt. Allein der Startlevel ist so ziemlich das coolste was ich seit langem an Leveldesign gesehen habe und die späteren Gebiete sind auch super, orientieren sich aber leider nicht mehr so an dieser von mir vergötterten viktorianischen Epoche. Insbesondere die Alptraumgebiete empfand ich als eher hässlich und bin dort irgendwann nur noch durchgerannt, um das Nötigste mitzunehmen. Ich kann jedem nur raten, den Anfang des Spiels zu genießen, besser wird es kaum noch. Na gut, in Cainhurst vielleicht… *hust*
Leider läuft das Spiel nicht besonders flüssig und hat regelmäßig mit niedrigen FPS zu kämpfen. Die schlimmsten Fehler wurden in den letzten Jahren offensichtlich gefixt, trotzdem gibt es ein paar Bosse, bei denen mehr die Technik der Gegner ist. Extrem bedauerlich, denn Bloodborne läuft sowieso höchstens mit 30 FPS und bietet keine Einstellungen, um das Geruckel erträglicher zu machen. Dafür aber einen Soundtrack direkt aus dem Spielehimmel, zumindest bei den Bossen. In den Gebieten an sich gibt es nur extrem selten musikalische Untermalung, wodurch die wunderbaren Umgebungseffekte aber umso besser hervorstechen. Habe ich ein Gebiet von allen Gegnern befreit und genieße die Stille auf den letzten Schritten zum Boss, nur um dort mit einem plötzlichen Orchestereinsatz belohnt zu werden – das ist geil!
Und obwohl ich an den Bossen regelmäßig hängen geblieben bin und mehr als ein paar Versuche brauchte, bis sie besiegt waren – die Musik ist mir nie auf den Keks gegangen. Bei jedem neuen Bossversuch habe ich mich darauf gefreut, wieder diese endgeile Musik hören zu können. (Zumindest wenn man von den optionalen Besuchen in den Kelch-Dungeons absieht.) Übrigens ist Bloodborne genügsamer als damals noch Demon’s Souls, was die Laufwege zu den Bossen angeht. Üblicherweise sind in jedem Abschnitt Abkürzungen versteckt, die man öffnen und sich so den Rückweg zum Boss dramatisch verkürzen kann, sollte man sterben. Es ist kein optimales System und nervt mich immer noch ein bisschen, aber aushaltbarer als bei Demon’s Souls ist es auf jeden Fall.
Nun habe ich schon so lange über Bloodborne geredet ohne ein Wort über das Kampfsystem und die Waffen zu verlieren, wie habe ich das geschafft? Dabei lebt Bloodborne von seinem Kampf, außer Rennen tut man sonst nicht viel. Bei Start des Spieles hat man die Wahl zwischen drei verschiedenen „Trickwaffen“ und im weiteren Verlauf finden sich noch etliche mehr. Diese Trickwaffen haben zwei Formen, welche sich mit Druck auf L1 umschalten lassen. So wird aus einer kurzen Einhandaxt eine ausgefahrene Zweihandaxt und aus einem gezackten Gehstock eine lange Peitsche mit Stacheln. Diese Umwandlungen sind auch mitten im Kampf möglich und sorgen für viele mögliche Kombos. Angegriffen wird mit R1 (leichter Schlag) und R2 (schwerer bzw. aufgeladener Schlag), ausgewichen mit der Kreistaste. Genretypisch gibt es während des Ausweichens kurze Zeiträume, in denen der Charakter unverwundbar ist, daher bietet es sich häufig an, in Angriffe hineinzurollen um anschließend sofort einen Gegenangriff starten zu können. Außerdem ist es möglich, den Gegnern mitten im Angriff ins Gesicht zu schießen, um einen verheerenden Konter ausführen zu können.
Traurigerweise bekam ich häufiger – gerade bei Bosskämpfen – Knoten in den Fingern, denn zum Sprinten muss die Kreistaste gedrückt gehalten werden, was dazu führt, dass ich mit dem rechten Daumen nicht mehr den rechten Stick bedienen kann um die Kamera zu drehen. Zwar könnte ich mit R3 jeweils einen Gegner fokussieren, dies ist aber nicht in allen Fällen sinnvoll, vor allem Bosse bestrafen diese Art der Kameranutzung gerne einmal mit völlig unbrauchbaren Blickwinkeln. Generell ist die Kamera in manchen Kämpfen der eigentliche Boss, vor allem in überschaubaren Räumen. Dafür entschädigen dann wiederum das Bossdesign und das befriedigende Gefühl bei jedem gelandeten Treffer, die immer so wunderbar wuchtig sind. In Kombination mit den verkürzten Laufwegen hatte ich selten Motivationsprobleme einen Boss mehrfach zu versuchen (vor allem im DLC kam ich gerne auf zweistellige Versuchszahlen).
Was allerdings den Spielspaß trüben kann, wenn man nicht aufpasst: Blutphiolen. Diese Heilitems müssen sich in Bloodborne erarbeitet werden. Auch beim Rasten im Hub werden nicht unendlich viele Blutphiolen wiederhergestellt, diese muss man in der Welt suchen oder beim Händler kaufen. Es kommt also vor, dass man sich an einem Boss versucht, sowieso schon nur aufs Maul bekommt und danach noch feststellen darf, dass der verhasste Feind immer noch lebt und man selbst keine Heilmöglichkeiten mehr hat. Und dann muss man farmen gehen bevor man neue Versuche starten darf. Für mich eine völlig unverständliche Designentscheidung, die den Spielfluss unnötig bremst; deshalb habe ich ein wenig getrickst und mir vor jedem Boss zur Sicherheit ein Spielstand-Backup auf meinen USB-Stick gezogen. Im Zweifelsfall konnte ich so nach vielen Fehlversuchen einfach den alten Spielstand laden und hatte wieder ausreichend Phiolen auf Lager. Ich würde jedem empfehlen, das genauso zu machen, denn durch den zusätzlichen Grind gewinnt das Spiel meiner Meinung nach nichts.
Noch ein Wort zur Platin-Trophäe, denn für diese müssen auch die optionalen Kelch-Dungeons besucht werden, die man beim normalen Durchspielen auch ignorieren kann. Dabei handelt es sich um (teilweise zufällig erstellte) Gewölbe mit Gegnern und einem Boss am Ende jeder Ebene. Zur Story tragen diese nicht allzu viel bei und sie sind vor allem dazu da, Waffenupgrades im Endgame zu erwerben oder sich selbst zu bespaßen, nachdem man bereits alles in der normalen Spielwelt gesehen hat. Ich war froh, als ich den letzten hinter mir hatte, denn obwohl ich das Prinzip des unendlichen Contents durchaus positiv sehe, kamen mir die Kelch-Dungeons ziemlich unpassend vor. Natürlich kann in zufällig erstellte Karten nicht die gleiche Detailliebe fließen wie in das Hauptspiel, an diesem Punkt war ich aber schon viel zu verwöhnt um dieses „Fast Food“ noch zu würdigen zu wissen, nachdem ich das Hauptspiel genießen durfte. Bleibt zu sagen: ja, es gibt unendlich viel Content in den Kelch-Dungeons. Aber nein, besonders spaßig fand ich die nicht.
Fazit
Bloodborne ist Liebe. Es hat einige Ecken und Kanten, es läuft nicht immer fehlerfrei, es bringt mich dazu, mir die Haare vom Kopf zu reißen – aber ich liebe es. Und irgendwann muss ich ja auch nochmal eine Geschicklichkeits-Skillung ausprobieren…
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