Frau mit Axt

Psychopathinnen

Ab und zu erfreut meine Bibliothek mich mit Büchern, die ich noch nicht kenne – nach Sadisten und Auf dünnem Eis, ebenso von Lydia Benecke, war es für mich keine Frage, dass ich auch Psychopathinnen mit nach Hause nehmen würde. (Das klingt jetzt irgendwie falsch…)

Es geht wieder vorrangig um Einzelfälle, welche Benecke detailliert schildert. Den Auftakt macht Diane Downs, deren Lebensgeschichte der Leser vollumfänglich nachverfolgen darf – und damit meine ich einen Umfang von etwa einem Drittel des Buches. Wirklich detailliert. Und gerade deshalb besonders interessant. Bekommt man als Interessierter sogar auf Seiten, welche sich mit Kriminalfällen o.ä. beschäftigen, meistens nur Informationen, die sich auf Dinge rund um den Fall beschränken, breitet Benecke das Leben der „Hauptfiguren“ komplett vor dem Leser aus, beginnt teilweise vor der Geburt und schildert auch mal, was nach den Verurteilungen aus den Straftäterinnen geworden ist.

Denn darum geht es in diesem Buch – Frauen, die schreckliche Dinge getan haben, üblicherweise haben sie ihre eigenen Kinder getötet. Wie kommt es zu so einer Tat? Was geschieht in den Köpfen dieser Frauen? Leider werden nicht alle dieser Fragen beantwortet. Im Endeffekt geht es nämlich viel weniger um Erklärungen der Psyche als um die Schilderung von Lebensumständen der Betroffenen. Auch das hat definitiv seinen Reiz und ich lese wie gesagt alle Benecke-Bücher sehr gern, nur sollte man keine tiefgehenden Analysen erwarten. Fachwissen wird zwar immer mal wieder eingestreut, aber insgesamt ist das Buch eher an Laien gerichtet und bedient sich einer einfachen, nachvollziehbaren Sprache. Umso leichter lässt es sich lesen.

Frau mit Axt

Leider kamen mir an ein, zwei Stellen Zweifel, ob gewisse Schilderungen nicht viel eher bloße Spekulation sind als Fakten, was die Glaubwürdigkeit ein wenig ankratzte – beispielsweise die Stelle, an der explizit darauf eingegangen wurde, welche Musik Diane Downs in der Tatnacht hörte und was sie bei den entsprechenden Liedern empfand und gedacht hat. Sekundengenau und mit dem passenden Songtext dazu. Natürlich ist das alles möglich und es hört sich auch nicht unlogisch an, aber ob es sich tatsächlich so zugetragen hat, ist halt für mich fraglich.

Ein größerer Kritikpunkt setzt eher an der Gewichtung der einzelnen geschilderten Fälle an – im Gegensatz zu Diane Downs (der wie oben bereits erwähnt große Teile des Buches gewidmet sind) werden einige andere Fälle in nur wenigen Seiten abgehandelt, darunter leider auch extrem interessante Individuen. Dass Gertrude Baniszewski nur relativ kurz beleuchtet wurde, kann ich noch nachvollziehen – immerhin wurden ihr schon mehrere andere Bücher und Medien gewidmet – aber es gab auch Fälle, von denen ich noch nie gehört habe und über die ich gern noch einiges mehr gelesen hätte. Stattdessen war dann nach zehn Seiten Schluss und für den Rest muss ich mich wohl mit Google auseinandersetzen, vorausgesetzt, ich finde mal die Zeit dazu. Schade.

Schade außerdem, dass die öfter erwähnten Extrakapitel, die laut Buch auf der Website der Autorin zu finden sein sollen, nicht aufzufinden sind. Gebe ich das genannte Passwort auf der Seite ein, kann ich lediglich Material zum Buch Sadisten herunterladen – dann könnte man sich die Erwähnung dieser Boni auch sparen. 

Ansonsten wurde ich gut „unterhalten“, wenn man das in diesem Zusammenhang überhaupt so nennen darf. Ich bekam viele Ansatzpunkte geliefert, mich auch nochmal selbst mit verschiedenen Fällen zu befassen und mehr hatte ich von diesem Buch auch eigentlich nicht erwartet. 

Fazit

Lässt sich gut lesen, extrem interessante Schilderungen. Leider sind die beworbenen Extras nicht verfügbar und wer auf der Suche nach wirklich tiefgreifenden Analysen ist, wird hier nicht auf seine Kosten kommen. Andernfalls empfehle ich die Benecke-Bücher allen, die generell Interesse daran haben, was Menschen zu dem macht, was sie sind.

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