Ich erinnere mich an die Zeit, als mein Herzmann mit Graveyard Keeper in Kontakt kam und einige Tage nichts anderes tat, als am PC zu sitzen und ständig „Ich versteh das nicht“ zu sagen. Nach der kürzlichen Enttäuschung über Smoke and Sacrifice kam mir diese Episode wieder in den Sinn und dank einer Portion Neugierde und einer geteilten Steam-Bibliothek sah ich mir die pixelige Friedhof-Odyssee selbst genauer an.
Und wurde erstmal direkt überfahren. Ehrlich, von einem Auto! Der Hauptcharakter stirbt in den ersten Spielsekunden und erwacht in einer… Totenwelt oder was? Hä? Wo genau bin ich? Scheinbar in irgendeinem Mittelalter-Dorf, aber dass ein sprechender Totenkopf mir Anweisungen erteilt ist schon komisch. Niemand in dieser Welt versteht, dass ich zurück zu meiner Frau will und nicht in diese Dorfgemeinschaft gehöre. Im Gegenteil, ich werde dazu verdonnert, mich um den hiesigen Friedhof zu kümmern, inklusive Abhalten von Messen und sonstigem Brimborium. Und in weiter Ferne wird mir in Aussicht gestellt, dass ich bei entsprechender Kooperation irgendwann wieder zurück zu meiner Frau komme.
Klingt wirr und dünn? Ja, die Story ist nicht das Glanzstück von Graveyard Keeper. Aber dafür nimmt sie auch relativ wenig Platz ein, viel mehr war ich ständig damit beschäftigt, herumzuexperimentieren und zu craften. Für Person X soll ich Gegenstand Y herstellen, dafür muss ich aber die entsprechende Fähigkeit im Skilltree kaufen. Dumm nur, dass ich dafür blaue Technologiepunkte brauche – wo bekomme ich die her? Gute Frage, denn anfangs habe ich noch versucht, mich durch Ausprobieren durch das Spiel zu manövrieren. Mein Tipp, falls ihr nicht etliche Stunden Lebenszeit zu verschwenden habt: vergesst es. Ohne das zugehörige Wiki hätte ich nach einigen Stunden das Handtuch geworfen, zu komplex ist das ineinandergreifende System aus Ressourcen, Fundstellen, Werkbänken und Herstellungsprozessen. Ich habe fast 40 Stunden mit Graveyard Keeper verbracht und fürchte, ohne Wiki könnte ich diese Zeit locker verdoppeln. Mindestens.
Das Spiel ist generell nicht besonders „schwer“, man kann kaum scheitern und kommt irgendwo immer voran. „Nur noch diese Sache erledigen, ach ja, jetzt ist mein Metall fertig, dann mach ich noch kurz diese Eisenstücke fertig… Verdammt, keine Energie mehr, ich geh kurz schlafen und mach das noch zu Ende. Und die Dinger brauchte ich ja für die Kiste da hinten, die könnte ich ja auch noch eben fertig stellen…“ Graveyard Keeper hat buchstäblich meine Lebenszeit gefressen. Und die meiste Zeit dabei sogar viel Spaß gemacht – fast unglaublich, wenn ich die Spielzeit und das -prinzip jetzt ganz direkt mit Smoke and Sacrifice vergleiche.
Lediglich am Ende begeht Graveyard Keeper den (scheinbar zum Genre dazugehörenden) Fehler, unnötig langatmig zu werden. Zu dem Zeitpunkt hatte ich nur noch zwei Hauptquests zu erledigen bei Charakteren, die nur einmal pro Woche im Spiel auftauchen. Dementsprechend jeweils einen Gegenstand herzustellen und für die restliche Zeit den Schnellvorlauf zu benutzen, um die komplette Woche zu überspringen, ist halt nicht wirklich spannend. Dass ich das Ganze viermal wiederholen musste, hat mich wirklich genervt – zusätzlich dazu, dass sogar der Schnellvorlauf für diese Woche jeweils ungefähr 5 Minuten Echtzeit benötigt, die ich dann mit Surfen auf meinem Smartphone verbrachte. Gähn.
Fazit
Graveyard Keeper ist ungewöhnlich fesselnd für einen Vertreter des Crafting-Genres. Nicht perfekt und am Ende (mal wieder) zu langgezogen, aber über weite Strecken motivierend und spaßig. In den ersten 30 Stunden habe ich mich keine Minute gelangweilt. Ich kann daher gar nicht anders, als eine Empfehlung auszusprechen. Versucht es nur um Gottes Willen nicht ohne Wiki!
Ich hab auch immer mal wieder Lust darauf, vor allem, wenn ich mich an deine ersten Spielstunden erinnere. Dann erinnere ich mich an die letzen und lass es sein xD