Blutmond

Blutmond / Manhunter

Roter Drache war einer meiner absoluten Lieblinge als Jugendliche in den 00er Jahren. Wie oft ich diesen Film gesehen habe, kann ich gar nicht mehr zählen – Anthony Hopkins als Hannibal Lecter war zu der Zeit einfach Kult innerhalb unserer Clique. Umso erstaunlicher also, dass wir uns nie das Original angesehen haben. Wahrscheinlich lag es am Fehlen von Hopkins, was es einfach machte, Blutmondals nichtextistent zu betrachten. Dieses Versäumnis wurde nun endlich behoben.

Blutmond

Große Erwartungen hatte ich natürlich trotzdem nicht – dass Anthony Hopkins immer noch fehlt, ändert sich ja nicht. Und Edward Norton. Und Ralph Fiennes. Kurz gesagt all die Schauspieler, die ich in meiner Jugend so gefangirlt habe, fehlen, ebenso wie die nostalgische Verklärung. Schlechte Startvoraussetzungen also für Blutmond.

Der Film beginnt recht nah am Remake, sieht man einmal davon ab, dass Manhunter die ganze Vorgeschichte von Will Graham und Hannibal Lecter nur am Rande umreißt. Besagter Will Graham wird also – obwohl im vorzeitigen Ruhestand – vom FBI um Hilfe gebeten, da seine besondere Gabe bei der Aufklärung einer Mordserie benötigt wird. Jemand hat bereits zwei Familien ausgelöscht und es wird fest mit weiteren Opfern gerechnet, weswegen Graham seine Hilfe zusagt.

An dieser Stelle war ich schon etwas skeptisch – William Petersen, der Darsteller von Will Graham, kam mir schrecklich hölzern vor und bekommt tatsächlich auch im weiteren Filmverlauf keine zusätzlichen Gesichtsausdrücke spendiert. Mit steinerner Miene spielt er sich so durch den Film, wirklich schade. Mysteriös auch die Betonung einiger Namen – Graham klingt großteils wie „Grammm“ und Lecter wie „Lecktor“.

Glasscherben

Fehler? Seltsame Aussprache? Nein, wie sich später herausstellte, hat man Hannibal Lecter tatsächlich in Lecktor umbenannt. Wir mussten an dieser Stelle übrigens den Film pausieren, weil unser Lachen es unmöglich machte, noch etwas zu verstehen. Brian Cox als Lecktor (meine Güte, ich kann diesen Namen nicht ernst nehmen) ist dagegen überhaupt nicht so mies wie befürchtet. Im Rahmen seiner Möglichkeiten macht er seine Sache sogar erstaunlich gut, immerhin hat er hier viel weniger Screentime als in Roter Drache.

Gut fand ich Tom Noonan als psychisch gestörten, aber sehr emotionalen Bösewicht Dollarhyde (dessen Name aus unerfindlichen Gründen ebenfalls nicht ganz korrekt geschrieben wurde). Tatsächlich hat er ein, zwei Szenen, die ich auch gerne in Roter Drache umgesetzt gesehen hätte. Dummerweise wird seine Rolle am Ende dann doch noch ins Lächerliche gezogen, als beim Finale die seltsamsten Schnitttechniken angewandt werden, die ich je gesehen habe. Am Ende des Films waren wir daher die meiste Zeit damit beschäftigt, uns über diese völlig unnötigen Schnitte zu unterhalten (und darüber, wieso Dolarhyde – pardon, Dollarhyde – durch seine Wohnzimmerwand gehen kann). Die Atmosphäre war dementsprechend im Keller.

Gucker der Amazon Prime-Version seien hiermit übrigens gewarnt – es scheint sich bei dieser Fassung um eine Art Director’s Cut o.ä. zu handeln, jedenfalls gibt es zwischendurch ein paar unsynchronisierte Szenen mit deutschen Untertiteln zu sehen.

Fazit

Blutmond lässt sich heute wahrscheinlich nur noch sehr schlecht beurteilen, wenn man das ausgezeichnete Remake bereits kennt und diesen großen zeitlichen Abstand hat. Eigentlich kann der Film nur noch verlieren, dafür war er aber immerhin noch ganz unterhaltsam. Ich würde ihm heutzutage niemandem mehr ans Herz legen, aber wer wie ich einmal die Wurzeln von Roter Drache kennenlernen möchte, macht hier auch nichts falsch. Nach Blutmond haben wir uns direkt noch einmal Roter Drache angesehen und ich weiß ihn jetzt nur noch mehr zu schätzen. Alte Liebe rostet nicht – ihr kennt das.

Bilder von pixabay

Beitrag erstellt 27

3 Gedanken zu „Blutmond / Manhunter

  1. Schönes Review. Ich wusste vorher gar nicht, dass es ein „Original“ von dem Film gab und der bekanntere Film das Remake ist.
    Ich muss sogar sagen, bis auf die extrem seltsamen Schnitte und ausgelassenen Frames am Ende war der Film gar nicht mal SO schlecht. Aber an Anthony Hopkins kommt halt eh keiner ran 😀

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